Wirtschaftsspiegel Thüringen Ausgabe 06/2013 - page 5

Fach- & Führungskräfte
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Die demografische Entwicklung und der zunehmende Fachkräftebedarf sowie die notwendige Internationalisierung der Wirtschaft mit
einer stärkeren Exportorientierung sprechen eine eindeutige Sprache: Thüringen muss internationaler werden!
Thüringen muss
internationaler werden
Derzeit sind die Attraktivität und die
Strukturen im Freistaat jedoch noch
nicht ausreichend ausgeprägt, um eine
Integration in das wirtschaftliche und
gesellschaftliche Leben problemlos zu
ermöglichen. Vielfältige rechtliche Rah-
menbedingungen, fehlende Fremdspra-
chenkompetenz auch bei zuständigen
Ansprechpartnern in Behörden und ei-
ne noch nicht ausreichend entwickelte
Willkommenskultur mindern die Attrak-
tivität Thüringens für Arbeits- und Fach-
kräfte aus dem Ausland erheblich.
Wettbewerb um Fach- und
Arbeitskräfte aus anderen
Ländern
Im Wettbewerb um Fach- und Arbeits-
kräfte aus anderen Ländern ist die Will-
kommenskultur im Lande und ein von
Wertschätzung geprägtes Betriebsklima
in den Unternehmen mit ausschlagge-
bend, um erfolgreich zu sein. Thüringen
muss sich als ein Land präsentieren, in
dem jeder, der hier lebt, im Rahmen sei-
ner Fähigkeiten Beiträge in Wirtschaft
und Gemeinwesen leisten kann.
Gerade für ausländische Fachkräfte ist genau diese Integration in das
wirtschaftliche und gesellschaftliche Leben nicht immer einfach und
reibungslos. Um Thüringen für Ausländer interessanter zu machen,
muss demnach zum einen die internationale Sichtbarkeit des
Freistaats erhöht werden. Zum anderen gilt es, Barrieren auf beiden
Seiten durch geeignete Angebote im wirtschaftlichen, gesellschaft-
lichen und kulturellen Bereich abzubauen und konsequent die
Verbesserung einer allgemeinen Willkommenskultur voranzutreiben.
Unter Willkommenskultur wird in diesem Zusammenhang ein gesell-
schaftliches Klima verstanden, in dem jeder Mensch das Gefühl hat,
in Thüringen willkommen zu sein und gebraucht zu werden. Es gilt,
kulturelle Vielfalt und unterschiedliche Perspektiven als Bereiche-
rung für Thüringen zu verstehen und zu nutzen.
Es ergibt sich für die Zukunft eine klare Herausforderung: Für die
weitere positive Entwicklung der Thüringer Wirtschaft müssen alle
verfügbaren Fach- und Arbeitskräftepotenziale genutzt werden. Die
steigende Fachkräftenachfrage wird
nicht allein durch hiesige Ressourcen
gedeckt werden können – Zuwande-
rung aus anderen Ländern innerhalb
und außerhalb Europas wird künftig ein
wichtiger Aspekt sowohl zur Deckung
des Fachkräftebedarfs als auch zur po-
sitiven Gesamtentwicklung des Landes
sein.
Erste Anlaufstelle für auslän-
dische Fach- und Arbeitskräfte
Das Welcome Center Thuringia leistet
als erster Ansprechpartner einen wichti-
gen Beitrag zur Etablierung und För-
derung der Willkommenskultur und da-
mit zu einer stärkeren internationalen
Öffnung des Landes sowie zur Fachkräf-
tesicherung in Thüringen. Das Center ist
in die Strukturen der LEG eingefügt und
kann damit deren Kontakte und Netz-
werke nutzen. Es ist zentrale Anlaufstel-
le für ausländische Fach- und Arbeits-
kräfte, die in Thüringen arbeiten oder
eine Ausbildung beziehungsweise ein
Studium aufnehmen möchten, sowie
Ansprechpartner für Thüringer Unternehmen, die eine Fachkraft aus
dem Ausland einstellen wollen.
Zu den Aufgaben des Welcome Centers Thuringia gehören die
Durchführung von Beratungen (persönlich oder telefonisch) und die
Bereitstellung relevanter Informationen. Das Center kümmert sich
um die Weiterleitung an die konkreten Ansprechpartner für die spe-
zifischen Belange in Fragen der Zuwanderung, des Aufenthalts so-
wie der Beschäftigung oder Ausbildung in Thüringen. Dazu wird der
Aufbau und Ausbau eines Netzwerks mit den Ausländerbeauftragten,
Schulämtern, kommunalen Fachämtern und Ausländerbehörden,
Arbeitsagenturen, Volkshochschulen, Wohnungsgesellschaften,
Kammern, Fachberatungsstellen, freien Trägern und Religionsge-
meinschaften etc. vorangetrieben, um die gezielte Weiterleitung,
fachliche Beratung und Begleitung zu ermöglichen.
Übrigens: Seine Feuertaufe hat das Welcome Center bestanden. Es
war maßgeblich an der Vermittlung der über 120 jungen Spanier be-
teiligt, die in Thüringen gestrandet waren. (em/tl)
Der Ausländeranteil in Thüringen ist mit
2,3 Prozent der Bevölkerung einer der
niedrigsten in ganz Deutschland (Durch-
schnitt 9,1 Prozent).
Der Anteil ausländischer Fach- und Arbeits-
kräfte an den sozialversicherungspflichtig
Beschäftigten in Thüringen liegt bei
1,6 Prozent (Deutschland 7,8 Prozent,
Ostdeutschland 3,1 Prozent).
Das Erwerbspersonenpotenzial im Freistaat
sinkt bis zum Jahr 2030 um rund ein Drittel.
Bis zum Jahr 2020 werden ausweislich der
Thüringer Fachkräftestudie rund 200.000
Fach- und Arbeitskräfte benötigt; der
Bedarf erstreckt sich besonders auf
Facharbeiter und Akademiker, aber auch auf
Fachkräfte in Pflegeberufen. Die
Fachkräftestudie Trendatlas sieht allein im
Bereich der elf untersuchten Wachstumsfel-
der einen Bedarf von 75.000 Fachkräften.
Die Exportquote unserer Wirtschaft liegt bei
30,5 Prozent (Deutschland gut 42 Prozent).
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Die Fakten
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