Wirtschaftsspiegel Thüringen Ausgabe 06/2013 - page 36

Ratgeber Arbeitsrecht
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Am 28. Februar 2013 musste sich das LAG Hamm (Az: 15 Sa 1275/12) mit dem Mobbing-
vorwurf gegen einen Arbeitgeber im Umgang mit einem Mitarbeiter auseinandersetzen.
Mobbing – und was dann?
Arbeitsrechts-Expertin Kathrin Stocky vom VWT erläutert die aktuelle Rechtsprechung.
In dem Unternehmen war es zu einer
Auseinandersetzung zwischen dem Vor-
gesetzten und einem Mitarbeiter ge-
kommen. Der Mitarbeiter erklärte, dass
er gemobbt würde, ohne Details zu
nennen. Er hatte in der Vergangenheit
mehrere Abmahnungen unter anderem
wegen Verstößen gegen Arbeitsanwei-
sungen und Arbeitssicherheitsvorschrif-
ten erhalten.
In einem späteren Personalgespräch
mit dem Personalleiter und dem Be-
triebsratsvorsitzenden wiederholte der
Mitarbeiter seinen Mobbingvorwurf.
Daraufhin wurde der Mitarbeiter frist-
los, hilfsweise ordentlich gekündigt.
Der Arbeitgeber sah in dem Mobbing-
vorwurf eine Bezichtigung mit einem
der gröbsten Verstöße im Arbeitsver-
hältnis, der eine weitere Zusammen-
arbeit unmöglich mache.
Das Landesarbeitsgericht hat sowohl
die außerordentliche Kündigung als
auch die ordentliche Kündigung für un-
wirksam erklärt. Der Mitarbeiter muss
weiterbeschäftigt werden. Nach Ansicht
des Gerichts waren die Mobbingvor-
würfe nicht erkennbar gegen eine kon-
krete Person gerichtet. Unklar blieb
auch, wer sich durch welche konkreten
Äußerungen beleidigt oder in seiner
Ehre verletzt gefühlt haben soll. Aller-
dings hat das Gericht anerkannt, dass
auch die unspezifizierten Vorwürfe als
solche die Zusammenarbeit stören wür-
den, aber dies eine vorherige Abmah-
nung des Mitarbeiters erfordere. Inhalt
einer solchen Abmahnung könne es
sein, dass er künftig Mobbingvorwürfe
gegen Vorgesetzte oder Repräsentanten
der Beklagten zu unterlassen habe.
Soweit das Gericht. Aber was
ist eigentlich Mobbing?
Dazu gibt es eine klare Aussage: Mob-
bing ist das systematische Anfeinden,
Schikanieren oder Diskriminieren von
Arbeitnehmern untereinander oder
durch Vorgesetzte.
(BAG 15.01.1997, 7 ABR 14/96).
Der Arbeitgeber ist aufgrund seiner
Fürsorgepflicht gegenüber seinen Mit-
arbeitern verpflichtet, diese vor Mob-
binghandlungen zu schützen bezie-
hungsweise hat er einzugreifen. Dabei
kann er auf Versetzungen, Umsetzun-
gen, Abmahnungen und als letzte Kon-
sequenz auf die Kündigung des Arbeits-
verhältnisses zurückgreifen.
Mobbing liegt jedoch nicht vor bei üb-
lichen Konfliktsituationen im Arbeits-
leben. Ein gewisses Maß an Kritik durch
den Vorgesetzten oder durch Kollegen
muss jeder Arbeitnehmer ertragen kön-
nen. Auch der Ausspruch von mehreren
Abmahnungen, der Ausspruch einer un-
wirksamen Kündigung, die Versetzun-
gen beziehungsweise Umsetzungen
stellen nach der Rechtsprechung kein
Mobbing dar, soweit sie sachlich nach-
vollziehbar sind.
Insgesamt sind die Umstände des Ein-
zelfalls wichtig. Bei allen Handlungen
sollte der Arbeitgeber berücksichtigen,
dass die Rechte nicht nur der Person,
die meint gemobbt zu werden, sondern
auch der Person, die angeblich mobbt,
geschützt werden müssen.
Aus diesem Grund ist eine sorgfältige
Sachverhaltsaufklärung erforderlich.
Dazu ist es empfehlenswert, sich die
Vorkommnisse konkret schriftlich erläu-
tern zu lassen. Diese Notizen ermögli-
chen es dem Arbeitgeber, die Behaup-
tungen überprüfen und damit spätere
Maßnahmen treffen zu können. Um
Konfliktsituationen zukünftig zu ver-
meiden, empfehlen sich Gespräche zwi-
schen den Beteiligten, eventuell auch
unter Zuhilfenahme eines Mediators.
Generell sollte der Arbeitgeber eine kla-
re Haltung gegen Mobbingverhalten
einnehmen und dies in seinem tägli-
chen Verhalten, in Besprechungen,
durch Rundschreiben seinen Mitarbei-
tern verdeutlichen. Dabei ist auch die
Mithilfe eines Betriebsrates gefragt.
Foto: rangizzz/fotolia.com
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